Chausseehäuser in Preußen, insbesondere Provinz Brandenburg

Aus den ersten zaghaften Dokumentationen der Chausseehäuser hat sich zwischenzeitlich doch ein weiteres Sammelgebiet für mich ergeben. Die Suche nach ihnen beeinflusst auch den Blick auf den Straßenrand und auch auf Karten. Ein Chausseehaus hatte für mich früher eigentlich klassische Struktur: dicht an der Straße, mit einem Erker, etwas einsam vor den Toren der Ortschaft. Typische Beispiele wären z.B. Lanke, Ladeburg oder Groß Schönebeck bzw. Werftpfuhl (inzwischen abgerissen).

Durch den bereits erwähnten Aufsatz von Sabine Ambrosius und Gabriele Horn (Architectura minora – Chausseehäuser in der Neumark (Nowa Marchia)) und auch durch meine Beobachtungen habe ich aber gelernt, dass nicht alle Chausseehäuser diesem Schema folgen. Das liegt zum einen daran, dass die ersten eher planlos gebaut wurden. Sowohl was den Ort als auch den Baustil betrifft. Und erst später eine gewisse Vereinheitlichung bzw. Reglementierung erfolgte.

Bzgl. Baustil unterscheiden Ambrosius / Horn 4 zeitliche Phasen der Errichtung der Chausseehäuser in Preußen und insbesondere der Provinz Brandenburg:

1. Zeit bis ca. 1800 – die Häuser sind von individuellen Lösungen geprägt, was sowohl Fassade als auch Grundriss betrifft (die Chausseehäuser in Tasdorf und Blumberg sollen in die Zeit fallen)

2. die 2. Phase beginnt nach den Befreiungskriegen ca. 1814, hier entstanden die ersten gleich gestalteten Chausseehäuser, erwähnt wird z.B. der Ausbau der Chaussee von Müncheberg über Küstrin / Kostrzyn nad Odrą nach Danzig / Gdańsk. Heute in Deutschland B1 / B1 in Polen DK 29 (Hinweis: Die Provinz Brandenburg endete am Grenzhaus in Neuteich (Nowy Staw) in Pommern (Pomorsze), 1827, das heute nicht mehr erhalten ist.)

3. als 3. Phase wird die Zeit ab 1834 bezeichnet, wo der Bau von Aktien- und Prämienchausseen begann – Ambrosius / Horn schreiben dazu:

Mit den der Anweisung von 1834 beigelegten Musterentwürfen beabsichtigte die Verwaltung die Erscheinung der Chausseehäuser zu vereinheitlichen. Dennoch wird bald ablesbar, wie die Bauaufgabe Chausseehaus zunehmend variiert und dem Zeitgeschmack angepasst wird.

Architectura minora – Chausseehäuser in der Neumark (Nowa Marchia) – Sabine Ambrosius / Gabriele Horn (pdf-Link)

4. als letzte und damit 4. Phase wird die Zeit von 1855 bis 1874 bezeichnet, als vor allem Kreischausseen gebaut wurden, an denen es keine einheitlichen Gebäude mehr gab. Erwähnt wird für diese Phase das Chausseehaus von Sommerfeld an der Chaussee Tegel–Rheinsberg.

Die Geschichte der Chausseehäuser an den Staatschausseen der Provinz Brandenburg endet mit der Aufhebung der Chausseegebühren zum 31. Dezember 1874. Bei Privat-, Kreis- oder Aktienchausseen wurde allerdings noch bis zu 40 Jahre länger Gebühren erhoben, so dass diese Chausseehäuser ihre Funktion noch bis in den Beginn des 20. Jahrhunderts erfüllten.