Es ist neben dem Global Fat Bike Day fast schon zur Winter-Tradition geworden, mit Christoph auch „zwischen den Jahren“ eine Runde zu fahren.
Ich hatte mit Christoph irgendwann überlegt, wie weit wir unser Kachelprojekt voranbringen können und wir kamen irgendwie auf eine 72×72-Kachel. Ich hatte die hypothetische Kachel dann als GPS-Track gezeichnet, so dass wir uns das anschauen konnten. Die Kachel beginnt im SW irgendwo bei Potsdam, reicht im Osten aber ziemlich weit in unser Nachbarland Polen hinein. Und unsere Idee war, heute den östlichen Rand der 72er zu erkunden.
Die Grenze nach Polen bildet bei uns in der Region die Oder und es gibt nur wenige Übergänge. Für Radfahrer ist die beste Option die Europabrücke Neurüdnitz-Siekierki. Die Brücke ist seit diesem Sommer geöffnet und auf beiden Seiten ist die ehemalige Bahnlinie als Radweg ausgebaut worden.
Die Fahrt geht zum Anfang sehr leicht. Da es eine alte Bahnstrecke ist, sind die Steigungen fast nicht zu spüren und außerdem schiebt uns ein kräftiger Wind über den glatten Asphalt.
Als wir am Morgen gestartet waren, war der Himmel noch grau und der letzte Schauer nicht weit entfernt. Nach einer guten Stunde kommt aber die Sonne heraus.
Ungefähr eineinhalb Stunden fahren wir so ziemlich entspannt nach Osten und sind mitten drin in der Hügellandschaft südlich von Trzcińsko-Zdrój.
Hier gibt es sogar eine richtige Steigung mit 7 %, die wir erklimmen müssen.
Seitdem wir den Bahnradweg verlassen haben, ist der Straßenbelag wesentlich schlechter geworden, aber nur einmal hört der Asphalt auf und wir holpern über eine ausgelutschte Modderstrecke.
Als wir den Wald hinter uns gelassen haben und mehr durch offenes Gelände kommen, geht es nach Süden bzw. Südwesten und wir stehen plötzlich im Wind. Stehen ist fast wörtlich zu nehmen, denn bei dem heute sehr kräftigen Wind haben wir keine Lust uns zu sehr zu verausgaben und fahren entspannt aber dadurch recht langsam weiter.
Der Wind macht unsere gemeinsame Fahrt auch einsam. Er verhindert die gegenseitige Kommunikation fast vollständig und schließt unsere Gedanken ein.
Beim Bahnhof Boleszkowice finden wir ein Chausseehaus am Straßenrand der Droga krajowa Nr 31 (DK31).
Der DK 31 folgen wir dann auch nach Norden und lassen uns etwas schieben. Bis Mieszkowice geht es locker voran. Allerdings stört der Straßenverkehr etwas. Die meisten Autofahrer überholen mit Respekt, Einigen fehlt dieser aber.
In Mieszkowice kommen wir genau zur falschen Zeit, denn genau an der Stelle, wo wir keinen Blick auf die Eisenbahn haben, die bis hier parallel zur Straße verläuft, kommt ein Güterzug mit einer Diesellok entgegen. Wir hören aber sehen ihn nicht.
Hinter Mieszkowice geht es wieder durch Wald bis Moryn und dann über eine üble zuerst mit Betonplatten befestigte und später kaum besser erhaltene Asphaltstraße hinab zur Oder.
Wir philosophieren über Betonpreise und Reparaturmöglichkeiten und verlieren uns dann wieder in unseren Gedanken. Ich erlebe meinen moralischen Tiefpunkt.
Wir sind irgendwo bei km 80 und für den Moment verlässt mich die Lust am Fahren. Einfach da sein, wäre schön oder doch an der Bahnlinie auf den nächsten Diesel warten?
Der Weg hinab zur Oder erschien wie eine kleine Ewigkeit. Die Niederung erreichen wir in Stare Łysogórki. Mal wieder bin ich begeistert von den alten Häusern, die hier auch weitgehend gut erhalten sind und muß an meine Motorradtouren vor gut 10 Jahren zurückdenken, als ich die jetzt folgende Straße einige Male unter den Reifen hatte.
Am Panzer bei Siekierki (deutsch: Zäckerick) machen wir eine unserer letzten kleinen Pausen. Wir denken an die Zeit vor inzwischen 77 Jahren zurück und daß die Politiker irgendwie doch nichts daraus gelernt haben.
Wenig später ist unsere Brücke erreicht. Wir haben die Runde beendet und unser Tagesziel erreicht, über den Freienwalder Höhen sehen wir schon den nächsten Schauer heranziehen und wundern uns kurz danach auf der Brücke über die vielen Besucher. Vor knapp 6 Stunden waren wir hier allein, jetzt stehen fast 20 Autos auf der deutschen Seite.
Schreibe einen Kommentar