Da ist er wieder, mein ständiger Begleiter.
Nach 3 regenfreien Tagen sieht es nun wieder nach Dauerregen aus. Seit Geilo regnet es gleichmäßig. Heute morgen dagegen, begann alles sehr gemächlich. Über Nacht hatte es sich wieder bezogen, ich hatte gut geschlafen und brauchte weit über zwei Stunden um loszufahren.
Während ich packte, begann sich Südwind zu entwickeln, also Gegenwind. Die ersten Kilometer ließ ich sehr langsam angehen, doch schon nach sieben Kilometern kam das erste Schneefeld und ich mußte schieben.
Eines von 7 Schneefeldern auf dem Rallarvegen
Im ständigen Wechsel von Schieben und fahren, insgesamt hatte ich sieben Schneefelder zu durchqueren, kam ich zu dem entscheidenden Paß mit 1312 Metern Höhe. An dieser Stelle erreicht die Bergenbahn ihren höchsten Punkt.
In einem Tunnel, der zum Schutz der Eisenbahn vor starken Schneefällen gebaut war, überquerte ich die Gleise. Kurz darauf begegnete mir ein deutscher Radfahrer, der von Oslo bis hier eine Woche unterwegs war und weiter zu einer Inselgruppe im Norden (vielleicht die Lofoten ?) fliegen wollte.
Vor dem Paß kam mir, über viele Kilometer verstreut, eine Gruppe von ca. 70 Kindern und Erwachsenen auf Rädern entgegen. Von hier bis Finse ist die Strecke sehr stark durch die Wellblechtunnel der Bahn geprägt, was durch die scheinende Sonne teilweise einen überirdischen Eindruck hinterließ, im allgemeinen aber störte. Viele der Seen waren teilweise oder auch ganz von Eis bedeckt und überall auf den Hängen lag Schnee. Finse ist der Tourismustreffpunkt der Gegend. Hinter dem Finsevatn liegt der Hardangerjökulen, der Gletscher auf dem Scott 1909 für das Erreichen des Südpols trainierte.
Ab Finse war die Gegend anders. Das Tal wurde breiter und die Berge waren nicht mehr so hoch, Schnee war fast nirgends zu sehen. Mit ständigem auf und ab ging es allmählich tiefer, die restliche Strecke des Rallarvegens war sehr einfach zu fahren. Der Weg scheint zu einer Art touristischem Trampelpfad verkommen zu sein.
In den ca. fünf Stunden die ich heute neben der Bahn gefahren bin, kamen mir insgesamt mehr als 150 Radfahrer entgegen. Die meisten waren ungenügend für die Gegend ausgerüstet. Trotz der Bahntrasse, die ein verirren fast unmöglich macht, sollte man nie vergessen, daß die Strecke mitten durchs Hochgebirge führt und auch mitten im Hochsommer mit Schnee zu rechnen ist.
Nach der Holperei nutzte ich den glatten Asphalt bis Geilo für einen Sprint und legte die 23 Kilometer in 40 Minuten zurück. In Geilo füllte ich meine Vorräte wieder auf und kaufte Äpfel, Rosinen, leckeren Kuchen und Brot.
Hinter Geilo folgten drei etwa gleich hohe Pässe und dazwischen ging es jeweils ca. dreihundert Meter abwärts. Den ersten Paß ging ich ganz locker an, da ich noch weit fahren wollte. Auf dem letzten Stück fing es an, gleichmäßig zu regnen. Oben angekommen zog ich mir Regenzeug an und rollte auch wieder gemächlich hinab, um den nächsten Paß hinaufzuklettern.
Durch den Regen zog es sich in die Länge wie Gummi und oben auf dem zweiten Paß angekommen, hatte ich alle Lust am Weiterfahren verloren. Kurzentschlossen suchte ich mir hier oben in tausend Metern Höhe einen Schlafplatz in dem leicht verkrüppelten Birkenwäldchen am Straßenrand und stellte das Zelt auf.
Jetzt pocht der Regen aufs Zelt, mal stärker, mal schwächer und ab und zu ist ein Auto zu hören.