Unser Zug kommt mit einer Verspätung von 45 Minuten im sonntäglich verschlafenen Wien an. Zum Glück ist Wien noch so verschlafen, denn dadurch sind die Straßen leer und wir können ohne große Sorgen mitten durch die Stadt fahren, kaufen bei einem Bäcker noch etwas Kuchen, sehen uns das Hundertwasserhaus an und frühstücken ausgiebig im Prater, ehe wir uns auf den Weg nach Ungarn machen!
Zuerst wollen wir den Donauradweg nutzen, der uns locker aus der Stadt und an der Donau entlang in die Slowakei bringen soll. Als wir im Prater kurz auf den Plan schauen, fragt uns gleich ein alter Herr auf einem Fahrrad, wo wir denn hin wollen und ob er uns irgendwie helfen könne und fährt schließlich mit uns gemeinsam bis zu der großen Brücke über die Donau.
Dann sehen wir auch den ersten Wegweiser für den Donauradweg. Aber einer reicht nicht, der Weg gabelt sich und erst nach 500 Metern merken wir, dass es eigentlich links gegangen wäre. Zum Glück gibt es auch in unserer Richtung noch einen Übergang über den Seitenarm (Neue Donau) und so müssen wir nicht zurück fahren.
An der Steinspornbrücke queren wir die Neue Donau, die das totale Freizeitparadies ist. Auf dem Wasser eine Ruderstrecke und am Ufer nackte und bekleidete Sonnenanbeter. Dabei haben schon am Anfang die Nackten eindeutig die Mehrheit, auch wenn sie es erst nach ca. einem Kilometer auch offiziell dürfen.
Inzwischen haben wir mal wieder einen Abzweig verpasst bzw. falsch gedeutet. An einem Gasthaus hätten wir links bleiben müssen, sind aber rechts vorbei und quälen uns nun weiter durch die Badegäste. Auch in der Hoffnung, bald wieder eine Möglichkeit zu finden, hinter den Damm zu kommen.
Als wir das dann endlich geschafft haben, sind wir schon neben dem Tanklager, dass auf unserer Karte eingezeichnet ist. Die Straße, die mitten hindurch führt, wollen wir nehmen. Ups..., da war ein Verbotsschild, aber wir sind so schnell vorbei und nun umdrehen? Kurz querfeldein einen Hang hinab, wir umrunden das Hafenbecken und stehen vor einem verschlossenen Tor. Aber rechts ist eine Lücke im Zaun, wir sind wohl nicht die einzigen, die hier zum Umkehren zu faul waren. Die Lücke reicht gerade für das Tandem mit Anhänger, ohne dass etwas stark aneckt und schon sind wir wieder auf legalem Grund.
Eigentlich dachten wir, der Freizeitstress würde jetzt etwas abnehmen, aber auf dem Weg tummeln sich Radfahrer ohne Ende - zählen geht eigentlich nicht mehr. Der Weg geht zuerst in ganz leichter Linkskurve bis zu einem Feuchtgebiet, hier scharf links und ab Schönau mit mehreren absolut geraden Stücken von jeweils 7 Kilometern bis kurz vor Stappenreuth. Wir verlassen den Weg aber schon vorher, da wir in Eckertsau Mittag essen wollen.
Von hier fahren wir nicht wieder auf den Radweg zurück, sondern bleiben auf der Landstraße, die sich leicht schlängelnd durch die Äcker windet. Das ist wesentlich abwechslungsreicher als dieser geradeaus führende Weg auf dem Damm und es fährt auch gut, da sehr wenig Verkehr herrscht.
Kurz darauf haben wir unseren ersten Platten - fast genau 100 Kilometer nach unserem Start zu Hause, ist das Vorderrad platt und so werden wir gnadenlos in unserem Elan ausgebremst. Der Reifen ist schnell demontiert, doch dabei fällt mir auf, wie schlecht er montiert war. Kein Talkum vermindert die Reibung zwischen Schlauch und Reifen. Dazu kommt, dass der Reifen innen regelmäßig mit kleinen Stegen verstärkt ist, die den Schlauch noch extra festhalten. Und als Ursache für den Platten ist schnell ein scharfer Gegenstand identifiziert, mit dem der Reifen montiert wurde - Montierhebel? Wohl eher ein Schraubenzieher... auf jeden Fall ist dadurch das Loch schnell gefunden und geflickt, ich montiere aber trotzdem erst einmal den Reserveschlauch.
In Hainburg überqueren wir die Donau und treffen die Familie mit den sieben Kindern wieder, die uns kurz hinter Wien begegnet war. Anschließend werden wir ein Opfer der Hitze und machen eine längere Rast, erst zwischen der Bahnlinie und dem Fluss, später etwas weiter flussabwärts auf einer Wiese.
Nach einem sehr teuren Almdudler und einer Sprite geht es weiter. Der Radweg ist sehr leer. Dafür zieht er erstaunliche Kurven durchs Land und geht einfach im rechten Winkel von der Straße weg um nach einer scharfen Kurve wieder zu ihr hinzuführen. Wer es eilig hat, sollte hier auf jeden Fall lieber die Straße nehmen.
Kurz vor der Grenze kaufen wir noch ein Mineralwasser. Sicher ist es in der Slowakei ähnlich gut und auch noch billiger, aber wir wollen nicht extra Geld dafür tauschen.
Der Grenzübertritt geht sehr unkompliziert und kurz darauf verlässt der Radweg die Straße und führt parallel zu einer vielbefahrenen Autobahn zur Donau hinab. Von der Autobahnbrücke macht Sabine noch ein Bild von der schönen Bratislavaer Burg und dann geht es weiter am Fluss entlang nach Osten. Das Stadtzentrum passieren wir dabei nicht, unterqueren nur die schöne Donaubrücke mit dem Cafe im Brückenpfeiler.
Was in diesem Bereich nervt, sind die Wegsperren, bei denen wir immer über ein ca. 10 Zentimeter dickes Rohr rumpeln müssen, teilweise fast schon springen. Und hier beginnt auch der Freizeitstress erneut. Unmengen an Skatern und Radfahrern bevölkern den ca. 13 Kilometer langen Abschnitt bis Cunovo. Erst danach wird es ruhiger und kurz danach verlassen wir den Fluss Richtung Süden.
Genau, als wir die Bundesstraße erreichen, merken wir, dass wir hinten einen Platten haben, was für ein Scheiß! Soll so etwa der ganze Urlaub sein? denken wir und verfluchen insgeheim die schlechte Montage des Reifens durch den Bikeladen. Der Schlauch hat diesmal aber ein etwas anderes und sehr interessantes Schadbild. Ungefähr dort, wo das Felgenband rechts und links aufhört, zieht sich eine Reihe von kleinen und kleinsten Vertiefungen durch den Schlauch und aus so einer kommt auch Luft. Also, neuer bzw. reparierter Schlauch rein und weiter geht es zur Grenze.
Inzwischen ist es schon ziemlich spät geworden - weit nach 18.00 Uhr und wir sind immer noch in der Slowakei. Aber der Grenzübertritt ist wieder sehr unkompliziert und schnell, kein Vergleich mit dem stundenlangen Warten bei den Reisen mit meiner Familie vor der Wende! Der gesamte Grenzübergang ist sehr stark erweitert und das Gros des Verkehrs geht sowieso über die etwas westlich verlaufende Autobahn.
In Raika, dem ersten Ort in Ungarn, versuchen wir, Geld zu holen. Was aber erst einmal nicht geht. Also, weiter die Straße entlang und nicht auf dem Donauradweg, der bald nach Norden abbiegt. Die Straße ist für Radfahrer gesperrt und so hoppeln wir über den ziemlich schlechten Radweg bis nach Bezenye. Hier dann auch ein funktionierender Geldautomat und ich hebe erst einmal 10.000 ung. Forint ab. Keine Ahnung, was das ungefähr ist.
Jetzt drängt uns etwas die Zeit, denn wir sehen die Sonne langsam untergehen und haben noch keinen genauen Plan, wo wir heute Nacht schlafen werden. Die Straße ist zwar immer noch für Radfahrer gesperrt, aber es herrscht so wenig Verkehr, dass wir das einfach ignorieren und nur noch reintreten. Wir fahren knapp unter 30 km/h und sind auf die Art ziemlich zügig, aber auch geschafft in Mosonmagyarovar.
Hier stuckern wir noch gut vier Kilometer durch den Ort, ehe wir einen netten kleinen Zeltplatz (bzw. Motel mit...) finden, der direkt an einem Fluss liegt. Am Ende stehen ziemlich verrückte 122 Kilometer auf unserem Tacho und wir fallen sehr früh in die Kojen.