Als ich erwache, habe ich große Probleme, mich zurechtzufinden. Es ist stockdunkel. Ich spüre ein ständiges auf und ab. Gedämpft dringt das Geräusch eines Motors zu mir. Immer wieder kracht es.
Nur langsam komme ich zu mir. Es wird mir klar, ich bin an Bord des Segelschiffes "Thor Heyerdahl". Beim Blick auf die Uhr merke ich, dass ich beim Wecken vergessen wurde. Seit gut zwei Stunden hätte ich bereits Wache.
An Deck empfängt mich sternenklarer Himmel. Einige Wolken bilden schwarze Flecken. Um uns herum sind unzählige Lichter. Ich kann Fahrwassertonnen und Positionslichter von anderen Schiffen erkennen. Am Horizont tasten sich die Strahlen der Leuchtfeuer durch die Nacht.
Bald darauf übernehme ich das Ruder. Der Wind bläst aus Nord und wir fahren in westlicher Richtung. Immer wieder laufen große Wellen unter dem Schiff hindurch. Es ist schwer, Kurs zu halten. Bei großen Brechern läuft die "Thor" aus dem Ruder und ich muss stark gegensteuern.
Zwei Stunden später ist unsere Wache auch schon zu Ende und ich kann mich wieder in meine Koje hauen. Schnell falle ich wieder in Schlaf.
Ich bin jetzt eine knappe Woche wieder an Bord und wir befinden uns auf der ersten Etappe der Überführung des Schiffes von Kiel in die Karibik. Dieser Törn wird zur Ausbildung künftiger Stammmitglieder genutzt.
Während meiner ersten drei Bordtage beschäftigten wir uns mit Überholungsarbeiten. Wir lagen in Kiel am Bahnhofskai und das Schiff war voller Leute, überall wurde geschliffen, gebohrt, Rost geklopft, gemalt ... Dann wurde der Proviant aufgefüllt, morgens kam der Kompaßkompensierer an Bord und dann konnte es losgehen. Bei guter Sicht duchfuhren wir den Nord-Ostsee-Kanal und verbrachten die folgende Nacht oberhalb der Schleuse Brunsbüttel.
Gestern am Mittwoch verließen wir Brunsbüttel und fuhren mit ablaufender Flut Elbe abwärts. Der Wind wehte aus Nordwest und so mussten wir die Maschine nutzen. Ich hatte den gesamten Tag Backschaft und bekam von dem Treiben nicht viel mit. Es regnete fast ununterbrochen und ich war froh, nicht draußen sein zu müssen.
Als wir die Elbemündung verließen, kamen wir in starken Schwell. Beim Abendbrot wollte dann nur noch ca. ein Drittel der Besatzung etwas Essen und so hatten wir in der Kombüse wenig zu tun.